MbP 31 – ein Projekt kommt selten allein

Schlagwörter: Projektportfolio-Management, strategische Ausrichtung, Priorisierung, ethische Aspekte, praktische Tipps, effektives Portfolio-Management

In dieser Episode von Management by Projects geht es um Projektportfolio-Management, Priorisierung, Stakeholder-Konflikte, Anpassungen und Entscheidungen, sowie Weisheit und Abwägung bei der Portfoliosteuerung.

Transcript

Mel:
[0:00] Moin Fabian. 

Vorstellung des Themas: Projektportfolio-Management

Fabian:
[0:01] Salut Melvin. 

Mel:
[0:02] Management by Projects, Ausgabe Nummer 31, wir melden uns nach längerer Pause wieder zurück und das Thema, was wir uns heute vorgenommen haben, ist Projektportfolio-Management. 
Es ist nicht untypisch, dass ein Projekt nicht ganz alleine auftritt, sondern dass da, wo die herkommen, irgendwo ein Nest ist und es ist in dem Kontext dann auch relativ normal, dass man verschiedene Projekte zu Portfolien zusammenfasst. 
Hat in der Regel den Hintergrund, dass die Projekte dann doch irgendwie alle ein höheres gemeinsames Ziel erreichen und sich nur in der vielleicht Zeitdimension oder in der genauen Ausprägung unterscheiden. 
Und wenn man jetzt so ein Portfolio, so einen bunten Blumenstrauß an Projekten hat, dann stellt sich natürlich auch in Konfliktsituationen die Frage, ja wie machen wir das denn jetzt genau mit der strategischen Ausrichtung? 
Was ist jetzt wichtiger als anderes? 
Und da gibt es verschiedenste Methoden, die man da anwenden kann. 
Und ich erinnere mich noch am Anfang unserer Zusammenarbeit. 
Fabian, warst du ja mal im Portfolio Management tätig. Vielleicht kannst du so ein paar Anekdoten aus deiner Zeit da zum Besten geben. Was versteht man denn da so? Was habt ihr da gemacht? 

Erfahrungen mit verschiedenen Portfolios und Priorisierung

Fabian:
[1:13] Ja, ich gehe gerne da ein auf Anekdoten aus dieser Erfahrung. 
Aber ich würde noch gerne das ein bisschen differenzieren. 
Was für Portfolien es denn gibt. Es ist ja, wie du schon gesagt hast, logisch, dass man ähnliche Projekte in ähnliche Projekte reintut. 
Da muss man entsprechend vielleicht noch kurz, also es ist so Minimuminformation, was für ein Portfolio es war. In der Organisation, wo wir unterwegs sind, gibt es ein riesiges Bauprojektportfolio. 
Ich denke, die meisten grossen Unternehmen haben verschiedene Portfolien, in der Regel wahrscheinlich ein IT-Portfolio, irgendein Strategie-Innovationsportfolio und dann eben vielleicht etwas, was sehr ausführungsorientiert ist. 
Und meine Erfahrung ist hauptsächlich in, sag ich mal eher strategischen Portfolien und. 

[2:02] Dort ist sicher speziell, also ich glaube, was allen gemein ist, du musst immer priorisieren. 
Und es gibt nur ganz selten kurze Phasen, wo das Geld nicht knapp ist. 
Und ich glaube, für mich ist ein Portfolio fast schon eine Anekdote für sich als Projektleiter, weil, ja, was sich da immer wiederholt, ist, dass du eigentlich mehr Geld möchtest, wie du bekommen kannst und dass du de facto eben doch immer ein bisschen einen Konkurrenzkampf um diese Gelder hast. 
Und sagen wir mal, ich habe vielleicht zwei Anekdoten. 
Ich habe immer versucht, da sehr konsequent zu agieren, weil gerade wenn du im Innovationsbereich unterwegs bist. 
Es gilt halt schon ein bisschen, wenn du kein Geld hast, dann kannst du auch nichts bewegen und dann ist der Spassfaktor auf jeden Fall als Projektleiter etwas tiefer. 

Schwierigkeiten im Portfolio Management

[3:04] Und ja, zweitens ist, glaube ich, Portfolio Management als Disziplin wirklich nicht so einfach, weil was du hast, du hast vielleicht einen Teil des Prozesses in der Priorisierung, ist objektivierbar. 
Du kannst Kriterien definieren. 
Eine Methode, die man verwendet oder die ich auch schon verwende, als Nutzwert. Du sagst, was ist der Nutzwert für die Unternehmung vom Projekt X? 
Und dann versuchst du, so eine vergleichbare Währung zu bekommen. 
Das andere, was aber immer passiert, ist, es wird immer von oben oder aus mächtiger Position reingesteuert. 
Ein Portfoliomanager hat in Ruhe sauber monatelang alles bewertet, aufgelistet und dann kommt sozusagen der Chef und sagt, nee, aber das machen wir, oder? 
Und das machen wir nicht. Und das ist auch zulässig, weil du kannst eigentlich die ganze Komplexität, würde ich behaupten, die treibt, was in einem Portfolio Brio haben soll, die kannst du eigentlich fast nicht abbilden. 
Das ist so meine Erfahrung daraus. Das ist aber in keiner Weise ein Argument dagegen, das zu versuchen, weil du eben doch einen guten Teil der Komplexität abbilden kannst. 

Schwierigkeiten bei der Priorisierung und Quantifizierung von Faktoren

[4:16] Wie hat sich das so von deiner Seite, was ist das so deine Perspektive da? 

Mel:
[4:22] Die Schwierigkeit, die Priorisierung ja immer hat und ich glaube deshalb kommt es auch eigentlich immer so ein bisschen zu kurz, Es ist halt wirklich, wie du es ja auch gesagt hast, diese verschiedenen Faktoren, die dabei berücksichtigt werden müssen, im Auge zu behalten, sie irgendwie quantifizierbar zu machen und. 

Die Wichtigkeit von Security in Frage stellen

[4:42] Ja dann objektiv zu bewerten. Also nehmen wir vielleicht mal so ein Thema wie Security. 
Jetzt würde wahrscheinlich jeder sagen irgendwie Security ist gefühlt erstmal total wichtig. 
Stell dir vor du bist eine Bank und du machst da irgendwas und jetzt musst du sparen und dann würde wahrscheinlich keiner auf die Idee kommen zu sagen ja wir sparen jetzt sofort erstmal ein erster Prio an der Security. 
Und jetzt gehst du hin und sagst so ja warum eigentlich nicht und dann sagst du ja weil wenn was passiert dann ist irgendwie der Schaden groß und dann sagst du so ja aber wie oft passiert denn da was? 
Also wie wahrscheinlich ist denn das jetzt eigentlich, dass da was passiert? 
Und dann fängst du halt auf einmal schon an und das Problem was ja an der Stelle entsteht ist unbestritten in einem Security-Vorfall hast du ein echtes Thema, there is no glory in Prevention, du verdienst aber keinen Franken, keinen Cent mehr, nur weil du Security gemacht hast. 
Und auf einmal fängst du an so, also Return on Investment kann jetzt irgendwie nicht die KPI sein, an der ich meinen Nutzwert irgendwie festmache, weil habe ich ja nicht. 
Also die Investition in Security soll sich ja quasi gar nicht auszahlen. 
Ich will ja gar nicht, dass die zurückkommt. 

Schwierigkeit bei der Bewertung von nicht monetären Faktoren

[5:58] Und ich finde, das ist ein schönes Beispiel, um einfach mal daran zu zeigen, wie schwierig das jetzt schon ist, wenn du Dinge hast, die irgendwie auf die Qualität einzahlen oder auf die Reputation oder auf eben irgendwas, was nicht in Geld direkt messbar ist. 
Auf der anderen Seite ist natürlich trotzdem irgendwie die Frage, wenn jetzt in deinem Beispiel war ja irgendwie das Geld knapp, wenn du jetzt hingehst und sagst, okay, wo wo investieren wir jetzt weiter und wo de-investieren wir an irgendwas musst du es machen und als ich noch als Product Owner tätig war, da hat mir ein sehr erfahrener Mensch in den agilen Methoden, der hat mal gesagt, er findet es immer wieder faszinierend, wie viel Zeit Product Owner darauf investieren, neue Stories zu schreiben und die auszuformulieren und wie wenig sie in Priorisierung stecken. 
Und eine eigentlich total banale, aber wahrscheinlich deshalb auch so richtige Herangehensweise ist, man fragt die Stakeholder. 

[6:59] Wenn es gut läuft, dann haben die ein relativ ähnliches Bild, aber auch da kann es natürlich passieren, dass die komplett kontrovers zueinander stehen. 
Und dann ist es in meiner Erfahrung aber doch auch so, dass Stakeholder so eine gewisse Hierarchie haben, also wenn du auch so ein Steuergremium hast, was dann irgendwie besetzt ist aus deinen Stakeholdern, da ist eigentlich schon immer relativ klar, wer hat das Sagen, wer kommt dann so an zweiter Stelle und wer sitzt da auch drin, aber… 
Wenn der jetzt dagegen ist, ist es nicht so dramatisch. 
Hast du da Erfahrungen mit? 

Durchsetzung von Stakeholdern und Minimierung von Willkür

Fabian:
[7:35] Ja, ich meine, das ist natürlich total durchdrungen von diesen menschlichen Phänomenen. 
Es ist ja dann immer ein Gemisch, welche Stakeholder sich durchsetzen zwischen Kompetenz im fachlichen oder strategischen Sinn und Kompetenz in der Stärke des Auftrittes. 
Und mich fasziniert eigentlich der Teil, wie minimierst du die Willkür und findest dann strategisch wirklich richtigen Pfad als Unternehmen. 

Stakeholder und Machtkampf im Portfolio Management

[8:12] Wenn du genug Stakeholder hast, ich glaube, wenn du das methodisch machst, dann kommt das gut. 
Der zweite Faktor ist natürlich, es ist dann auch oft einfach ein banaler Machtkampf. 
Und da gibt es für mich so ein paar Fällen. 

[8:30] Ein Klassiker ist, wenn du Äpfel mit Birnen in deinem Portfolio gemischt hast. 
Man kann jetzt zum Beispiel Run vs. Develop sagen. Run, Apfel, Develop, Birne. 

[8:44] Also Weiterentwicklung des Geschäftes versus Erhaltung des Geschäftes und so weiter. 
Und je nachdem wie dann die Lage ist im Unternehmen, also im kleinen Unternehmen hast du sowieso alles zusammen, aber genau diese Priorisierung gegeneinander, die verlangt eigentlich dann eine verantwortlich… 
Also der richtige Stakeholder, der Run versus Develop priorisieren kann, ist eigentlich nur der, der beides ausbaden muss, oder? Also wenn ich deinvestiere in Develop muss es ausbauen, wenn ich deinvestiere in Run. 
Und sonst ist es banal, also sag mir wo ein Stakeholder herkommt und ich sage dir was er priorisieren wird. 
Deshalb ist es für mich so gemischt und dann eben auch potenziell stark willkürlich. 
Also wenn Run-Kräfte beginnen zu dominieren im Stakeholderumfeld eines Portfolios, dann wird es zu einem Run-Portfolio mit der Zeit, ist auch in Ordnung, aber es ist in Grossorganisationen Und dann je nachdem natürlich überhaupt nicht das Richtige, weil wenn der Stakeholder oder beides spürt, dass wirklich verstehen würde, würde er vielleicht anders entscheiden. Das ist die Hypothese. 
Leider ist es oft dann in letzter Konsequenz, sind es eher dann Konzernleitungen und CEOs, die wirklich diese Gesamtperspektiven haben. Und dann ist die Frage, wie prominent ist dein Portfolio in der Wahrnehmung? 
Also dann bist du eher auf der Ebene unterwegs. 

Langfristige Effekte und Entscheidungen in Portfolios

[10:08] Und wenn du dann mit Portfolios zu tun hast, wo die Effekte eher langfristig auftreten der Entscheidung, oder dem? 

[10:16] Ich glaube, dann kann es so Entkoppelungen geben, zwischen was ist wirklich die gescheite Strategie und wie werden solche Portfolios priorisiert. 
Das waren so zwei, drei Gedanken zu dem. 
Aber schlussendlich entkommst du nicht, also Stakeholder, Investoren wäre es dann, wenn Wenn du jetzt im direkt geldorientierten Business bist, dann sind es die Aktionäre, die durch den Verwaltungsrat repräsentiert sind, die dir sagen, wo du priorisieren musst. 
Ich glaube, manchmal muss man dramatisch auch auf Portfoliebene pivotieren und sagen, jetzt ist Corona-Krise, das alles machen wir jetzt nicht mehr. 
Ich glaube, das sind die interessanten Fragestellungen. 
Schaffe ich es, oder muss ich, oder schaffe ich es, Gesamtportfolien immer wieder sinnvoll zu pilotieren, weil die Konsequenzen sind in der Regel ja dann umfangreich. 
Ich finde es aber richtig, weil du hast Projektportfolien genau, um als erstes auf geänderte Umstände zu reagieren. Eine ganze Organisation dann zu ändern, ist nochmal schwieriger, oder, weil Projekte sind temporär gefasst. 

Mel:
[11:33] Das ist auf jeden Fall so und was mir dazu noch durch den Kopf geht, ich glaube, was relevant ist bei dieser Priorisierung und wir können gleich auch nochmal so ein bisschen über mögliche Kategorisierungen oder mögliche Werte, nach denen man priorisiert, sprechen. 
Ich glaube, was einfach wichtig ist, ist immer im Kopf zu behalten, schaffe ich es meine Entscheidung nachher auch transparent zu vermitteln. 
Weil im schlimmsten Fall entscheide ich mich zum Beispiel ein Thema einzustellen und wie vermittle ich das dem Projektteam? 
Also vielleicht haben die da schon Arbeit reingesteckt, vielleicht läuft das Thema da schon länger und dann sind das Leute, die auf einmal im schlimmsten Fall vor dem Nichts stehen. Da muss ich vielleicht Leute offboarden, muss externe gehen lassen. 

[12:18] Aber vielleicht fangen dann auch meine eigenen Mitarbeiter auf einmal an sich zu überlegen, was habe ich denn falsch gemacht und passiert mir das jetzt in meinem nächsten Projekt auch wieder. 
Ich glaube, das hat auch eine soziale oder ethische Komponente, wo man einfach sagen muss, man muss da, glaube ich, transparent sein. 
Wie sind wir zu der Entscheidung gekommen, dass du jetzt irgendwie wichtig bist oder du nicht mehr wichtig bist? 
Und wir haben ja im Kontext von Requirements Engineering schon mal über das Kano-Modell gesprochen. 
Also dieses Modell nach dem, nach diesem Japaner, wo es darum geht, wir haben diese Basisfaktoren, Leistungsfaktoren und Begeisterungsfaktoren, also Basisfaktoren als Eigenschaften eines in dem Fall dann Projektes, wo man sagt, die muss ich einfach haben, die erwartet jetzt niemand. 
Aber wenn dieses in dem Fall dann Projektergebnis nicht kommt, dann haben wir ein echtes Thema. 

[13:07] Leistungsfaktoren, wo man sagt, okay, mit zunehmender Ausprägung dieses Faktors, umso besser ist, kommt es beim Kunden an und Begeisterungsfaktoren dann Dinge, die der Kunde nicht erwartet und wenn ich die aber bringe, dann übermäßig honoriert und wahrscheinlich sind aber letztere genau die, mit denen du eigentlich anfängst. 
Dinge, wo wir alle sagen, das ist total cool. In der Regel dann ja auch so Sachen, wo man sagt, da steckt so ein bisschen, ich sag mal Venture-Kapital drin. 
Das sind Sachen, so wenn wir das hinkriegen würden, dann wäre das noch mega. Keine Ahnung. 
Wenn man in der Literatur nach Kano guckt, dann kommen immer so diese Autogeschichten. 
Also wenn du irgendwie ein Auto kaufst und kriegst noch die ersten zwei Jahre Versicherung on top, dann ist das, glaube ich, sowas, wo du sagst, hätte ich jetzt nicht mitgerechnet, aber mega. 
Und das sind natürlich in so einem Portfolio erstmal die Ersten, die sterben, weil da fragt keiner nach und gut ist. 
Spannend ist dann halt einfach, kann ich Projekte oder sind Projekte dann auch so geschnitten, dass ich Leistungs- und Basisfaktoren tatsächlich voneinander getrennt bekomme. 
Also gibt es Projekte, die tatsächlich einfach nur so Enabler sind, wo ich einfach sagen muss, also wenn ich den nicht habe, dann geht es hier im Portfolio in Summe nicht weiter. 
Oder sind Projekte, haben die nicht immer beides. Also auch so Sachen so, ja, die stellen noch gewisse Grundlagen zur Verfügung dann machen die damit noch irgendwas cooles. 
Und ich glaube an der Stelle wird es. 

[14:27] Schwierig, weil ich glaube, auch wenn du ein Projekt aufsetzt oder so ein Portfolio aufsetzt, Projekte, die verändern sich ja auch mit der Zeit. 
Also die haben ja auch ein gewisses Eigenleben und die werden dann irgendwann auch erwachsen und machen dann noch das eine oder andere Thema, was jetzt vielleicht nicht so dediziert im Auftrag gestanden hat. 
Und da kann es dann schon passieren, dass du in so ein Projektumfeld kommst, wo nicht immer ganz klar ist, womit habe ich es da zu tun? 

Die Herausforderung einer Portfolienneubewertung

Fabian:
[14:57] Absolut. Und ich glaube, wo man da gerade anknüpfen kann, ist, wie mache ich jetzt handwerklich dann so eine Portfolienneubewertung? 
Dass du es beschrieben hast, ist dann die Schwierigkeit in meinem Bottom-up-Prozess. 
Jeder wird dir natürlich gut erklären, wieso sein Projekt wichtig ist, aber ich habe das effektiv eben schon mal komplett gemacht. Ich habe es fast zweimal schon hinter mir in unterschiedlichen Rollen und es funktioniert eben doch nicht schlecht. 
Wenn du gute Kriterien hast, nachdem du beurteilst, die Kriterien müssen sich nach an der aktuellen strategischen Situation orientieren. 

Mel:
[15:38] Kannst du da mal ein Beispiel geben, was sind das für Kriterien? 

Return on Investment und Compliance als Entscheidungsfaktoren

Fabian:
[15:45] Gibt es irgendwie einen Return on Investment, also hast du einen Business Case, den du da holst? 
Ist es etwas eher Compliance orientiertes, musst du es aus Compliance Gründen machen? 
Was gibt es da noch? 
Mitigierst du andere Risiken, die unablässig sind, dass du diese reduzierst? 

[16:09] Und das Schwierigste ist jetzt das zu vergleichen und da sind wir mal wieder bei der grundunternehmerischen Frage. 

[16:16] Gehe ich zugrunde, weil ich jetzt ganz schlecht, ich bleibe zu weit auch in der Industrie, Autos baue und dort irgendwie meinen Mercedes-Standard nicht mehr halte? 
Oder gehe ich zugrunde, weil ich jetzt zehn Jahre lang nie wirklich Elektroauto aufgebaut habe? Und das ist genau die Essenz jetzt, sagen wir mal, auf ganz grundlegender Ebene der Fragestellung, oder? 
Wenn ich eben, also das sind jetzt für mich eigentlich Äpfel und Birnen, Also ich möchte eigentlich die Compliance, die Risk-Mitigations-Themen, die möchte ich eigentlich nicht im gleichen Portfolio haben wie die Zukunftsthemen. 
Weil das musst du aus meiner Sicht auf ganz grundlegender Ebene entscheiden. 
Und du wirst, du willst eigentlich als Unternehmen auch in den stürmischsten Zeiten immer noch daran denken, wohin muss ich fahren, oder? 
Ich wollte eigentlich mal von Europa in die USA oder natürlich im Sturm ist es ein bisschen schwierig noch daran zu denken. 
Dann muss man schauen, dass das Segel nicht weggeht und so weiter. 
Aber eigentlich ist es auch eine Chance, man muss schauen, dass du im Sturm immer noch da hinfährst und wenn du Glück hast, bist du auch noch schneller als die anderen oder du erreichst das Ziel wirklich. 

Gewichtung der Kriterien und Rolle der Stakeholder

[17:24] Aber ich denke, du kannst die Kriterien so grundsätzlich in die zwei Teile aufteilen. 
Also geht es um Risk Mitigation und Kano in Bezug aufs Heute oder geht es um ähnliche Themen in Bezug auf morgen und übermorgen. 

[17:42] Und da ist mein Erlebnis, wenn du diese Kriterien klar aufgestellt hast, es ist eigentlich für die meisten Projekte relativ klar. 
Du brauchst natürlich jemanden, der das klar führt, der nicht im Interessenskonflikt ist. Aber, ich meine, Security, es ist klar, was Security ist. 
Jetzt bei den Kriterien, da sind die Risk Mitigation, das hat eben kein Return on Investment. 
Im direkten Sinn, im indirekten Sinn schon. Und so kann man zu beiden Kriterien, gibt es eigentlich eine Grundlogik, die das definiert. 
Und nachher ist die Hauptherausforderung die Gewichtung, oder? 
Wie gewichte ich diese Faktoren gegeneinander? Wenn wir jetzt beim Methodischen sind. 
Aber de facto passiert genau das eigentlich auch im Kopf eines umsichtigen Managers oder Unternehmer, oder? Oder einem Portfolioleiter. 
Der versucht, diese verschiedenen Faktoren gegeneinander zu gewichten. 
Und dann ist halt die interessanteste Frage, finde ich, wer ist eigentlich der Stakeholder? 
Ist es jetzt der Kunde an dem Markt oder ist es der Chef? 
Oder ist es, ja, wer ist, oder, und das führt zu anderen Dynamiken, oder? 
Weil, wenn es einfach die Chefetage ist, hast du ganz andere Dynamiken, wie wenn es offensichtlich ist, durch deine Wirkung im Portfolio am Markt, was die Geschichte ist. 
Das macht auch unterschiedlich schwierig, die Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern. 

[19:10] Arbeiten, weil wenn es natürlich ein Portfolio ist, das sozusagen in der Kunstwelt. 
Gesteuert wird oder mit nicht ganz transparentem Feedback, was braucht es jetzt wirklich, dann ist es schon immer schwieriger zu verstehen, wie haben wir jetzt genau das gemacht. 
Oder weil der gerade schlechte Laune hatte oder der es nicht verstanden hat oder weil wir Stakeholder-Management nicht gut gemacht haben oder eben genau weil wir es gut gemacht haben, aber unsere eigene Meinung sozusagen dort eingepflanzt haben, was ja dann auch nicht unbedingt richtig sein muss. 

Portfolios im Sunny-Day-Szenario und Zerfransen des Portfolios

Mel:
[19:42] Was mir noch auffällt, wenn wir uns jetzt vielleicht ein bisschen wieder von der Priorisierung im Portfolio, sondern mehr über das allgemeine Portfolio-Management sprechen. 
Was mich immer wieder beeindruckt ist, wenn du im Sunny-Day-Szenario bist, also solange alles gut ist, wie schnell Portfolios dazu neigen zu wachsen. 
Also klar, wo Geld ist, da kommen dann immer ganz viele Themen, aber eigentlich würde man ja erwarten, so hey, wir wissen, Projekte oder auch Portfolien bewegen sich zyklisch, die haben mal sehr gute Zeiten und in der Regel kommen dann irgendwann auch wieder welche, die nicht so gut sind. 
Und eigentlich weiß man dann ja auch so, naja, vielleicht macht es Sinn, wenn ich das kann, irgendwie für die eine oder andere Reserve zu bauen oder vielleicht macht es auch Sinn, fünf größere Projekte zu machen anstatt zehn kleine. 

[20:37] Und meine Beobachtung ist aber, dass gerade so, ich nenne das immer zerfransen, dass Portfolios dazu neigen zu zerfransen. 
Die haben dann irgendwie 500 Enten mit lauter kleinen Themen und jedes ist irgendwie für sich. Und die genaue, wie sagt man das, das genaue Zusammenwirken der einzelnen Fragmente ist jetzt nicht mehr so ganz zu erkennen. 

Verhinderung des Zerfransens im Portfolio-Management

[20:59] Und vermutlich, oder das wäre meine Ableitung daraus, muss man das eigentlich schon verhindern. 
Verhindern. Also ich glaube Priorisierung, Portfolio-Management fängt schon mit der Frage an, was lasse ich denn überhaupt in mein Portfolio rein und was lasse ich nicht rein, weil das nachher dazu führt, wie hoch mein Aufwand wird im Fall, wenn mir das Ding dann irgendwann um die Ohren fliegt. 
Du hast eben schon gesagt, es gibt die eher Compliance-Themen, es gibt eher die Produktentwicklerischen Themen. 
Hast du da aus deiner Erfahrung noch weitere Ansätze kennengelernt, wo du sagst, darauf sollte man achten, wenn man jetzt ein Portfolio zusammenstellt? 

Fabian:
[21:44] Also in beiden Innovationsportfolien oder in den drei, wo ich jetzt inzwischen unterwegs gewesen bin, wo ich auch selben ein Steckenpferd damit habe, ist eigentlich, wo steht das Projekt im Lebenszyklus oder das Ziel, das das Projekt erreichen muss. 
Das ist schon auch sehr maßgeblich. Also es gibt Äpfel und Birnen natürlich in Bezug auf eben das vorhin schon angesprochen, also sehr innovationsorientiert, sehr Compliance-orientiert usw. 
Aber es gibt eben auch Äpfel und Birnen in Bezug auf den Reifegrad des Projektinhaltes. 

Unterschiede bei Projekten je nach Phase und Skalierung

[22:22] Und da kann es massive Unterschiede geben, weil Projekte, die die Ziele erreichen müssen für Dinge, die Richtung einer Skalierung gehen, wo ein Produkt eher ausgerollt, im breiten Stil eingeführt und so weiter werden muss, sind halt wieder ganz anders wie Projekte, die gerade noch in der Konzeptphase sind. 

[22:47] Und auch in der Akzeptanz, also etwas, was mich immer wieder fasziniert, einen Großkonzern zu erleben, wie sachorientiert, also es ist nachvollziehbar, ich kritisiere das nicht, aber wie stark man daran orientiert ist, bevor etwas wirklich entsteht, ist man extrem kritisch und dann auf einmal ist es da und dann dreht es und denkt man, ja das kann ich jetzt nicht mehr ändern, weil es ist ja da, es steht ja da auf dem Hof, oder? 
Dabei strategisch ist es eigentlich nicht so, also du kannst dauernd falsch liegen, auch wenn du etwas, Du hast da etwas erreicht, du hast ein Produkt entwickelt, ja, pass auf. 
Strategie hat geändert, du brauchst vielleicht gar nicht mehr, oder? Aber da ist für mich so ein Aufpassfeld. 
Und das andere würde ich nur bestätigen, also die Grundkunst ist, das Portfolio reinzuhalten, wenn du so willst, oder? 
Und da musst du aber wissen, was du tust, oder? Also da musst du eigentlich auch in guten Zeiten dauernd genau wissen, was deine Strategie ist, oder? 
Und weil du wirst ja dann stark argumentieren müssen in der Portfolioleitung, Reinnehmen ist wahrscheinlich in der Regel immer okay, aber wieso du etwas nicht reinnimmst? 

Sortenreinheit versus bewusste Auswahl bei Projekten

[24:00] Ich glaube nicht, dass du Sortenreinheit brauchst, was ich jetzt vorbeschrieben habe, sondern du musst dir bewusst sein, was du dir holst. 
Wenn du dir ein ausgewachsenes Tier holst, das wird dann auch entsprechende Ressourcen fressen fressen und dann viel Raum einnehmen. 
Du musst dann aufpassen, dass die kleinen Pflänzchen dann auch überleben nebendran. 
Das ist so die Geschichte. 

Mel:
[24:25] Ich glaube, was man versuchen muss sauber zu halten, ist die Metrik. 
Also ich glaube, man braucht so etwas wie ein Single Point of Truth, wo man einfach sagt, das ist das, woran ich meine Projekte alle messe. 
Also ich messe die alle mit dem gleichen Maßstab. Ich Ich glaube, wenn man über ein Produktportfolio spricht, da ist das relativ naheliegend. 
Da gibt es dann die Kategorie Bekleidung und dann gucke ich quasi, da ist das Thema Verkaufszahlen. 
Wie viele Hosen, wie viele T-Shirts, wie viele Hoodies habe ich verkauft? 

[24:57] Und das, was halt einfach irgendwie am meisten zieht, umso besser ist. 
Oder bei Brands, wenn ich konkurrierende Produkte habe, die aber zur gleichen Firma gehören oder Marktanteil, ist da ja auch so ein ganz klassischer Spruch. 
Ich sage einfach, keine Ahnung, da gibt es irgendein Marktforschungsinstitut, das gibt täglich, monatlich, was weiß ich was, die Zahlen raus und ich sage einfach, das ist meine Wahrheit. 
Und wenn du jetzt zu mir kommst, dann muss dein Produkt irgendwie in diesem Index sein oder dein Brand muss da irgendwie gelistet sein, weil dann kann ich dich irgendwie mit meinen anderen vergleichen oder nicht. 

Schwierigkeiten bei unterschiedlichen Maßstäben und Zielkonflikten

[25:29] Ich glaube, schwierig wird es immer an der Stelle, wenn du nicht mit dem gleichen Maß misst. 
Das fängt glaube ich schon mit so Themen an, wie du hast Themen inhaltlich zusammengeworfen, die vielleicht zum Beispiel aufgrund von Technologie irgendwie zusammengehören, die aber in ganz anderen Wirkdimensionen unterwegs sind. 
Also dann bleiben wir beim Beispiel von Security vorhin. Du könntest ja einfach sagen, ich habe irgendein technisches Portfolio und da ist einmal ein Security-Projekt drin und da ist ein Projekt drin, was irgendwie mit bestimmten Technologien Einsparungen erzeugen soll. 

[26:04] So und jetzt sag mir welches von den beiden Themen jetzt irgendwie wichtiger ist und dann hast du halt irgendwie einmal Security, was erstmal nur Kosten verursacht und gleichzeitig hast du ein anderes Projekt, was sagt irgendwie, oder was wahrscheinlich so auf die Idee kommt, ja wenn wir auf Security verzichten, dann wird es ja irgendwie viel billiger, also auch im Zielkonflikt. 
Und dann ist die Frage ja, mit was messe ich das jetzt, was ist meine Metrik? 
Und ich glaube dieses Thema Single Point of Truth, messe ich die alle nachher mit der gleichen Latte? 
Bis hin zu, schaffe ich das, diese Messlatte auch noch im Idealfall irgendwie unabhängig aufzustellen, indem ich zum Beispiel sage, wir gucken uns die Verkaufszahlen oder sonst was an und nicht so, ja, also habe ich auch schon erlebt und funktioniert halt überhaupt Liebe Projektleiter, wir haben hier irgendwie fünf Dimensionen definiert und rankt euer Projekt da jetzt mal. 
Jeder gibt seinem Projekt die Topnote, weil ja auch gar nicht klar ist, keine Ahnung, auf einer Skala von 1 bis 10, was ist denn 10? 
Wenn jetzt, keine Ahnung, Beitrag zu Security, ja natürlich mache ich auch Security. 

Fabian:
[27:10] Also ich bin da voll bei dir. Also du kannst das nur tun, wenn du eben eine gewisse Artenreinheit da generierst, oder bei den Projekten, weil dann sind sie vergleichbar und das ist eine Grössenfrage. 
Ich meine, im Grossunternehmen, glaube ich, solltest du das unbedingt anstreben, aber wenn du KMU hast oder KMU-artige Bereiche, wo du eben den Zoo hast und den bündeln willst, dann entkommst du diesen Problem nicht ganz und das Abgefahren ist ja dann, dass das Portfolio-Management Du musst eigentlich in ein CEO-Mindset gehen und sagen, wie vergleiche ich jetzt diese Dinge hier? 

Entscheidungen unter finanziellem Druck

[27:53] Aber gleichzeitig ist auch mein Erlebnis, wenn dann das Geld wirklich knapp wird, dann fallen die Entscheidungen schon von alleine. 
Also nicht immer im Gescheiten, aber sie werden dann gefällt, weil einfach dann der reale Druck wirkt. Und er wirkt dann halt so, wie er wirkt zum Zeitpunkt X. 
Und im Idealfall bist du darauf vorbereitet, weil dann kannst du noch steuern, oder? 
Aber sonst zieht es dich da einfach mit, oder? 
Und das Gute ist in der Regel, wenn du überlebst das Viermal, es kommen dann auch wieder gute Zeiten, wo du dann auch wieder fragst, das was du vorher gefragt hast, wie kann man all die unterschiedlichen Tiere in ein Zoo lassen, oder? 
Das macht doch keinen Sinn, oder? Also von dem her sind… 
Ja, das ist das Lustige mit der Zeit, du… 
Beide Situationen erlebst und wenn du abwärts gehst, ich finde schon, dass du ein bisschen Neigenschaft vom Projektgeschäft denkst, wieso ist das jetzt so schwarz? 
Meine Erfahrung zeigt, das ist bald dann schon wieder nicht mehr so schwarz. 
Oder wenn du abwärts gehst, denkst du, wieso sind hier alle so entspannt, was ist los? Oder ich weiss, in einem Jahr, einem halben Jahr wird wieder was kommen, wo… 

Der Schlüssel: Antizyklisches Denken in der Portfoliosteuerung

[29:03] Und da vielleicht, ich glaube, der Schlüssel ist da vielleicht auch ein bisschen antizyklisches Denken. 
Ich glaube, eine gewisse Weisheit in der Portfoliosteuerung wäre vielleicht, da antizyklisch zu denken. 
Das machst du auch in der Staatssteuerung überall. Du sagst, in Krisenzeiten muss ich investieren und in Good Times muss ich sparen. 
Ich glaube, erfolgreiche Portfolios halten sich auch ein bisschen an solche Grundregeln. 

Mel:
[29:30] Deficit Spending, so. 

Fabian:
[29:32] Ja, genau. 

Feierabend und Dank für Aufmerksamkeit

Mel:
[29:35] Okay, ich glaube, damit sind wir durch, ist jetzt auch langsam Zeit für Feierabend, ist ja auch schon wieder ganz schön warm. 
Wir bedanken uns für eure Aufmerksamkeit, hoffen es hat euch gefallen, freuen uns wie immer auf Feedback und wünschen euch bis dahin bis zur nächsten Folge. Alles Gute, bis dann! 

Fabian:
[29:51] Tschüss.